Norbert Gstrein wurde am 4. November 2019 im Wiener Kasino am Schwarzenbergplatz für seinen 2019 im Carl Hanser Verlag erschienenen Roman „Als ich jung war“ mit dem Österreichischen Buchpreis 2019 ausgezeichnet. Angela Lehner erhielt den Debutpreis für ihr Werk „Vater unser“ – erschienen bei Hanser Berlin – das jüngst mit dem Literaturpreis Alpha ausgezeichnet wurde. Die Preise wurden von Sektionschef Jürgen Meindl verliehen. Insgesamt wurden 2019 für den Österreichischen Buchpreis und den Debutpreis 140 Werke von 68 Verlagen eingereicht.
Norbert Gstrein, Als ich jung war (Carl Hanser Verlag)
Hardcover, 352 Seiten, 978-3-446-26371-0, € 23,70
zum Buch
Norbert Gstrein, 1961 in Tirol geboren, lebt in Hamburg. Er erhielt unter anderem den Alfred-Döblin-Preis und den Uwe-Johnson-Preis. Bei Hanser erschienen „Die Winter im Süden“ (Roman, 2008), „Die englischen Jahre“ (Roman, Neuausgabe 2008), „Das Handwerk des Tötens“ (Roman, Neuausgabe 2010), „Die ganze Wahrheit“ (Roman, 2010), „In der Luft“ (Erzählungen, Neuausgabe 2011), „Eine Ahnung vom Anfang“ (Roman, 2013), „In der freien Welt“ (Roman, 2016), „Die kommenden Jahre“ (Roman, 2018) und „Als ich jung war“ (Roman, 2019).
Angela Lehner, Vater unser (Hanser Berlin)
Hardcover, 284 Seiten, 978-3-446-26259-1, € 22,70
zum Buch
Angela Lehner, geboren 1987 in Klagenfurt, aufgewachsen in Osttirol, lebt in Berlin. Sie studierte Vergleichende Literaturwissenschaft in Wien, Maynooth und Erlangen. Sie nahm 2016 an der Prosawerkstatt des Literarischen Colloquiums Berlin und 2017 am Klagenfurter Häschenkurs teil. 2018 war sie Finalistin des Literaturpreises Floriana. Ihr Debütroman Vater unser war Longlist-nominiert für den Deutschen Buchpreis 2019 und wurde mit dem Franz-Tumler-Literaturpreis 2019 und dem Literaturpreis Alpha 2019 ausgezeichnet.
Der Österreichische Buchpreis
ist mit 20.000 Euro dotiert – die weiteren vier Titel der Shortlist mit jeweils 2.500 Euro. Diese sind:
- Raphaela Edelbauer: Das flüssige Land (Klett-Cotta)
- Karl-Markus Gauß: Abenteuerliche Reise durch mein Zimmer (Zsolnay)
- Sophie Reyer: Mutter brennt (edition keiper)
- Clemens J. Setz: Der Trost runder Dinge (Suhrkamp)
Die Begründung der Jury: „Norbert Gstreins Roman erinnert an das Gedicht „Zwielicht“ von Joseph von Eichendorff: Die Dämmerung bricht an, etwas Numinoses legt sich über das Land. Selbst dem Freund ist nicht zu trauen in dieser Stunde der verlorenen Sicherheiten. Norbert Gstrein ist ein Meister des „zwielichtigen“ Erzählens. Protagonist seines Romans ist ein Wirtssohn, der einige Jahre als Schilehrer in den USA gearbeitet hat, um dann nach Österreich zurückzukehren. Franz erzählt uns seine Geschichte, aber je mehr Details er vorbringt, umso unsicherer wird der Leser. Eine Braut ist gestorben – aber wie? Ein Mädchen wurde vergewaltigt – vielleicht. Ein anderes Mädchen ist verschwunden – wohin? Norbert Gstrein setzt Zeichen um Zeichen. Man folgt seinem Konstrukt und seinem bewundernswert klaren Satzbau mit Spannung, aber im Gegensatz zum Detektivroman gibt es hier kein Superhirn, das die Zeichen eindeutig interpretieren könnte. Am Ende hält der Leser viele Fäden in der Hand. Ob einer davon der rote ist – wer weiß?“
Der von der Arbeiterkammer gestiftete Debutpreis
ist mit 10.000 Euro dotiert – die weiteren zwei Titel der Debut-Shortlist mit jeweils 2.500 Euro. Diese sind:
- Marko Dinic: Die guten Tage (Zsolnay)
- Tanja Raich: Jesolo (Blessing)
Die Begründung der Jury: „In Angela Lehners Roman „Vater unser“ erzählt Eva Gruber von ihrer Einlieferung in die psychiatrische Anstalt, ihrem magersüchtigen Bruder, den sie dort findet und retten möchte, und ihrem Vater, den sie zusammen mit dem Bruder töten will. An das Gebot „Du sollst nicht lügen“, das es, wie sie feststellt, gar nicht gibt, hält sie sich überhaupt nicht: Hat sie nun die Kindergartenkinder erschossen, wie sie behauptet? Wurden sie und ihr Bruder vom Vater missbraucht und von der Mutter allein gelassen? Begeht der Chefpsychiater, der sie behandelt, wirklich Selbstmord? Unzuverlässig ist sie, die Erzählerin, respektlos und verletzlich zugleich, und sie kehrt damit nicht nur die Welten der Irren und der Normalen um, sondern stellt auch sämtliche, zumeist männliche Autoritäten und deren Ordnungen in Frage. Angela Lehners fulminanter Debütroman, unsentimental, frech und direkt erzählt, ist Familiengeschichte, Krankenhausreport und Krimi in einem – und zugleich ein kritischer Befund eines katholisch geprägten Österreich, in dem auf den Hausaltären neben dem Rosenkranz das gerahmte Porträtfoto von Jörg Haider liegt.“
Die mit der Entscheidung betraute Jury setzte sich 2019 zusammen aus:
- Pia Janke (Germanistin)
- Robert Renk (Buchhändler, Wagner’sche Universitätsbuchhandlung)
- Christian Schacherreiter (Literaturkritiker)
- Anne-Catherine Simon (Journalistin, Die Presse)
- Uwe Wittstock (Literaturkritiker)
Der Österreichische Buchpreis wurde 2019 zum vierten Mal vom Bundeskanzleramt der Republik Österreich, dem Hauptverband des Österreichischen Buchhandels und der Arbeiterkammer Wien veranstaltet.
Termine
Die GewinnerInnen Norbert Gstrein und Angela Lehner werden am Donnerstag, 7. November, um 16:00 Uhr auf der BUCH WIEN 19 (Messe Wien, Halle D, ORF-Bühne) gemeinsam auftreten und über ihre prämierten Werke sprechen.
Norbert Gstrein liest am Samstag, den 9. November, im Rahmen der BUCH WIEN 19 im Metro Kinokulturhaus. Anmeldungen unter: reservierung@filmarchiv.at
Mehr unter: oesterreichischer-buchpreis.at