Reinhard Kaiser-Mühlecker wurde am Montag, den 18. November 2024 für sein Buch „Brennende Felder“ (S. Fischer Verlag) mit dem Österreichischen Buchpreis ausgezeichnet. Der Debütpreis ging an Frieda Paris für den Titel „Nachwasser“ (Voland & Quist). Die Verleihung fand zum Auftakt der Buch Wien-Woche vor rund 300 geladenen Gästen im Odeon Theater im zweiten Bezirk statt.
Die Preise wurden von Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Werner Kogler, Benedikt Föger, Präsident des Hauptverbandes des Österreichischen Buchhandels, und AK-Direktorin Silvia Hruška-Frank überreicht. Durch den Abend führten Dorothee Hartinger und Philipp Hauß gemeinsam mit den Studierenden des zweiten Jahrgangs Schauspiel der Musik und Kunst Privatuniversität Wien. Die musikalische Umrahmung erfolgte durch Georg Breinschmid (Kontrabass) und Benjamin Schmid (Violine).
Österreichischer Buchpreis 2024 – Reinhard Kaiser-Mühlecker „Brennende Felder“ (S. Fischer Verlag)
Die aufgrund der Hitze brennenden Felder in ihrer Nachbarschaft interessieren Luisa Fischer nicht weiter. Verbrannte Erde hinterlässt sie allerdings häufig. Unfähig zu Empfindungen, ist sie für ihre zwei Kinder von unterschiedlichen Vätern eine unzuverlässige Mutter. Der Kontakt zu ihrer eigenen Mutter bricht endgültig ab, als sie eine Beziehung mit ihrem Stiefvater eingeht. Als dieser bei einem Einbruch umgebracht wird, zieht es Luisa zu dessen Mörder. Von jedem neuen Mann erhofft sie sich, er möge sie aus ihrem tristen Alltag, aus ihrer Unzufriedenheit befreien. Aus einer Familie befreien, deren Mitglieder mit Sprachlosigkeit ringen, sich gegenseitig nicht trauen und dennoch nicht voneinander bzw. von der Gegend abkönnen.
Waren in „Fremde Seele, dunkler Wald“ (2016) und „Wilderer“ (2022) die Brüder im Fokus, so erzählt jetzt folgerichtig deren Schwester Luisa aus ihrer – und Reinhard Kaiser-Mühlecker erstmals aus weiblicher – Perspektive. Dabei sucht Luisa intensiv nach den richtigen Worten, will sie doch als Schriftstellerin gesehen werden. Im Gegensatz zu ihr schreibt Kaiser-Mühlecker verdichtet, einfach und knapp, in ruhigem Ton. Durch unerwartete Wendungen spielt er nicht nur mit seinen Figuren, sondern auch mit den Lesenden. So konstruiert und dekonstruiert er diese abgründige, kalte und düstere Welt immer wieder aufs Neue. Luisa hat recht, wenn sie dies in ihrer Romanfigur, einem alten Geizkragen spiegelt: „Es muss so sein, dass man denkt, man kennt ihn, und dass man bis zum Schluss an seiner Seite ist, aber da nicht mehr denkt, man kennt ihn.“ — Begründung der Jury
Für die Shortlist nominiert waren außerdem: Valerie Fritsch „Zitronen“ (Suhrkamp Verlag), Elias Hirschl „Content“ (Zsolnay Verlag), Elke Laznia „Fischgrätentage“ (Müry Salzmann Verlag) und Katharina Winkler „Siebenmeilenherz“ (Matthes & Seitz).
Der Österreichische Buchpreis ist mit 20.000 Euro dotiert, die vier weiteren Titel der Shortlist mit jeweils 2.500 Euro.
Österreichischer Buchpreis 2024 – Debüt: Frieda Paris „Nachwasser“ (Voland & Quist)
Frieda Paris’ Langgedicht „Nachwasser“ ist ein Wagnis. Wer schon traut sich mit dem Debüt auf die spiegelglatte Fläche autopoetischer Lyrik und poetologischer Reflexion, setzt sich ungeschützt aus? Paris. Sie erkundet das Schreiben beim Schreiben, zieht uns in diesen Prozess hinein, hält auf uns zu und stürzt – nicht. Angetrieben vom „Zweifell“ als „Schreiborgan“, begleitet vom Vogel ‚Lomeise‘ auf der „Schreibschulter“ findet das Ich reichhaltiges Wortmaterial, das es an seinem poetischen „Schneidetisch“ montiert. Es entstammt einem Eintauchen in viele Quellen, allen voran in den Nachlass Friederike Mayröckers, der „Großen Wortmutter“: ins Nach-wasser. Doch in diesem Making-of a Poem wird den Leser:innen in 110 Sequenzen noch weit mehr aufgefächert. Das Schreiben, das Wie-und-warum-Schreiben, das Dichterin-Werden von Kindheit an, Erinnerungsspuren von Liebe und Verlust werden gekonnt versetzt mit Fundstücken einzelner Wortväter von Paul Celan bis Peter Waterhouse, vor allem aber vieler Wortmütter, von Ingeborg Bachmann über und immer wieder Mayröcker bis Sarah Kirsch – und eine poetische Antwort auf die Frage gegeben: Was darf ein Gedicht? Alles. — Begründung der Jury
Für die Shortlist-Debüt nominiert waren außerdem: Verena Dolovai „Dorf ohne Franz“ (Septime Verlag) und Julia Jost „Wo der spitzeste Zahn der Karawanken in den Himmel hinauf fletscht“ (Suhrkamp Verlag).
Der Debütpreis im Rahmen des Österreichischen Buchpreises ist mit 10.000 Euro dotiert, die zwei weiteren Titel der Shortlist mit jeweils 2.500 Euro. Der Debütpreis wird von der Arbeiterkammer Wien gestiftet.
Die Jury
Die Jury für den Österreichischen Buchpreis setzt sich 2024 aus Zita Bereuter (Ressortleiterin Literatur, FM4), Anke Bosse (Literaturwissenschaftlerin, Universität Klagenfurt), Nicole List (Buchhändlerin, Buchhandlung List), Johanna Öttl (Literaturprogramm, Alte Schmiede) und Judith von Sternburg (Literaturkritikerin und Redakteurin, Frankfurter Rundschau) zusammen.
Über den Österreichischen Buchpreis
Ziel des Österreichischen Buchpreises ist es, die Qualität und Eigenständigkeit der österreichischen Literatur zu würdigen und ihr im gesamten deutschsprachigen Raum die gebührende Aufmerksamkeit zu verschaffen.
Der Österreichische Buchpreis wird vom Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport (BMKÖS), dem Hauptverband des Österreichischen Buchhandels und der Arbeiterkammer Wien 2024 bereits zum neunten Mal ausgerichtet.
Die Gewinner:innen der Vorjahre
Buchpreis: Clemens J. Setz (2023), Verena Roßbacher (2022), Raphaela Edelbauer (2021), Xaver Bayer (2020), Norbert Gstrein (2019), Daniel Wisser (2018), Eva Menasse (2017), Friederike Mayröcker (2016)
Debütpreis: Arad Dabiri (2023), Lena-Marie Biertimpel (2022), Anna Albinus (2021), Leander Fischer (2020), Angela Lehner (2019), Marie Gamillscheg (2018), Nava Ebrahimi (2017), Friederike Gösweiner (2016)
Presseaussendung Hauptverband des Österreichischen Buchhandels / Red.