Auf Antrag von Kulturlandesrat Christopher Drexler hat die Steiermärkische Landesregierung den einstimmigen Beschluss gefasst, den Literaturpreis des Landes Steiermark 2022 an Radka Denemarková zu vergeben. Das Literaturstipendium 2022 erhält Chrystyna Nazarkewytsch, das Lichtungen-Lyrik-Stipendium 2022 Luca Manuel Kieser.

Der Literaturpreis ist mit 10.000 Euro dotiert, die beiden Stipendien mit je 5.000 Euro. Sie werden durch Beschluss der Landesregierung auf Basis einer Jury-Empfehlung vergeben. Nach eingehender Beratung hat die Jury folgende Begründungen für ihre Empfehlungen abgegeben:

Literaturpreis:

Radka Denemarková schreibt aus dem Eigenen heraus, ohne ihr Selbst in den Mittelpunkt zu stellen. Persönliche Erfahrungen, Erlebnisse und Haltungen nutzt die dezidiert politische Schriftstellerin, um den Blick auf fremde Welten zu lenken, gesellschaftlich Relevantes darzustellen, Anklage zu erheben. Kompromisslosigkeit geht dabei mit die Umstände stets aufs Neue prüfender Reflexion einher: eine Verbindung, die sowohl in sprachlicher Brillanz als auch inhaltlicher Tiefe zutage tritt.
Dabei verfolgt „die Schwalbe von Prag“, wie die tschechische Schriftstellerin gerne signiert, in Schreiben und Leben eine Poetik der Menschlichkeit, ja, Herzlichkeit, der sie auf lange Sicht mehr Macht zugesteht als allen Formen autoritärer Repression, gegen die sie hier wie anderswo ankämpft. „Die Güte der Schwalbe“, heißt es etwa in ihrem Roman Ein Beitrag zur Geschichte der Freude, „hat ein größeres Gewicht als die Gesetze der Herrscher“.
Zu behaupten, dass Radka Denemarková während ihrer Aufenthalte als Grazer Stadtschreiberin (2017/2018) und als „writer in residence“ der Kulturinitiative Kürbis Wies (2021) enge Kontakte zur steirischen Literatur- und Kulturszene geknüpft habe, ist untertrieben. Tatsächlich trat sie sowohl mit den arrivierten Medien und Häusern als auch mit dem schreibenden Nachwuchs in derart regen Austausch, dass dieser auch mit ihrer Abreise nicht endete. Kein Wunder, dass Denemarkovás Lesungen in Graz mittlerweile Heimspielen gleichen!
Radka Denemarková, geboren 1968, schreibt auf Tschechisch und Deutsch. Sie schreibt Romane, Theaterstücke, Drehbücher und Essays, übersetzt aus dem Deutschen und lehrt Creative Writing.
Als einzige tschechische Autorin ist sie vierfache Preisträgerin des Magnesia Litera Preises (in den Kategorien Prosa, Sachbuch, Übersetzung und bestes Buch des Jahres 2019.)
Zuletzt erschienen auf Deutsch 2019 der Roman Ein Beitrag zur Geschichte der Freude und 2022 Stunden aus Blei, ein Roman über das heutige China (beide bei Hoffmann & Campe).“ (Jurybegründung)

Literaturstipendium

Chrystyna Nazarkewytsch ist seit langem mit Graz verbunden, nicht nur durch ihren Mann, Nazar Hon.ar, der Stadtschreiber war, sondern auch durch ihr eigenes Feld: Kulturvermittlung, Übersetzungen, Essays. Vor kurzem trat sie bei einer Solidaritätslesung für die Ukraine auf, zugeschaltet aus ihrer Wohnung in Lwiw. Von dort aus informiert sie Freunde und Bekannte im Ausland über den Krieg, das sei, was sie jetzt beitragen könne, schrieb sie in einem jüngst erschienenen Artikel.
Mit dem Vorschlag, Chrystyna Nazarkewytsch das Literaturstipendium zuzuerkennen, würdigt die Jury ihre bisherige Arbeit, die stets im Zeichen der Verständigung und Vermittlung stand, zugleich möchte sie Chrystyna Nazarkewytsch explizit auffordern bzw. bestärken, weiterhin aus der Ukraine zu berichten. Auf die Frage, was der Westen tun könne, antwortete sie, der Westen könne damit beginnen, genauer zuzuhören. Dieses Stipendium soll dazu beitragen.“ (Jurybegründung)

Lichtungen-Lyrik-Stipendium

„Seit 2018 veröffentlicht Luca Manuel Kieser Gedichte in den Lichtungen. Seitdem hat er das Talent des Anfangs unterstrichen und ausgebaut. Seine Gedichte sind experimentell, aber auf eine ganz luftige und zugängliche Weise. Erst beim zweiten Hinsehen merkt man ihnen an, wieviel Arbeit darin stecken muss. Denn hier sitzt jede Silbe, jedes Wort. Ein semantisch weit aufgefächertes Spektrum bildet sich ab: Von biblischen Konnotationen über popkulturelle Zitate bis hin zu ganz traditioneller, althergebrachter Poesie. Die Syntax liebäugelt mit Anklängen von Dadaismus und Wiener Gruppe. Das alles collagiert und ordnet der Autor zu etwas – eben ganz Neuem. Luca Manuel Kieser trägt diese Arbeit mittlerweile auch in die Prosa hinüber und arbeitet an seinem Romandebüt. Die ersten Auszüge daraus versprechen viel. Das Schreiben, die Sprachkunst hat Luca Manuel Kieser studiert, aber vielleicht wäre das gar nicht notwendig gewesen. Kiesers Auseinandersetzung mit der Sprache überträgt sich nicht nur durchs Papier. Trägt er die Gedichte selbst vor, eröffnet sich eine zusätzliche Ebene durch den Körper als Vermittlungsinstrument. „und pinsle das Muster zu Ende auf dass es endlich weitergeht mit der durch die Welt grasenden Kuh“ heißt es im Gedicht „satt und sinn“. Auch mit Luca Manuel Kiesers Literatur soll es weitergehen, unbedingt und im fruchtbarsten Sinne.“ (Jurybegründung)

LR Drexler: „Besonderer Dank an die Preisträger für ihr gesellschaftliches Engagement und ihr inspirierendes künstlerisches Wirken“

Kulturlandesrat Christopher Drexler: „Mit dem Literaturpreis würdigt das Land Steiermark die herausragende Arbeit von Autorinnen und Autoren mit Bezug zu unserem Bundesland. Wir wollen damit die Wertschätzung für besondere Leistungen zum Ausdruck bringen und insbesondere mit den Stipendien aufstrebende Literatinnen und Literaten einladen und motivieren, uns weiterhin mit ihren Texten zu bereichern.
Ich danke den Jury-Mitgliedern, dass sie ihre Entscheidungen entlang aktuellster Ereignisse ausgerichtet haben und sowohl den Kampf gegen autoritäre Repression in den Fokus ihrer Erwägungen rücken, als auch die couragierte Informationsarbeit über den schrecklichen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Putins auf die Ukraine. Besonders bedanken möchte ich mich aber bei unseren Preisträgerinnen und unserem Preisträger für ihr gesellschaftliches Engagement und ihr inspirierendes künstlerisches Wirken. Herzliche Gratulation an Radka Denemarková, Chrystyna Nazarkewytsch und Luca Manuel Kieser zu den hochverdienten Auszeichnungen des Landes Steiermark!“

Literaturpreis des Landes Steiermark

Der Literaturpreis des Landes Steiermark wird für eine anerkennungswürdige literarische Leistung an eine Künstlerin oder einen Künstler mit Steiermarkbezug vergeben. Das Preisgeld beträgt 10.000 Euro. Die Vergabe erfolgt in einem zweijährigen Rhythmus. Der Literaturpreis 2020 ging an Günter Eichberger.

Lichtungen-Lyrik-Stipendium und Literaturstipendium des Landes Steiermark

Das Lichtungen-Lyrik-Stipendium und das Literaturstipendium des Landes Steiermark werden an junge Autorinnen und Autoren vergeben, die ihre Begabung bereits gezeigt haben und die darlegen können, dass sie mit größeren literarischen Vorhaben befasst sind. In Anerkennung des Lyrik-Schwerpunkts der namensgebenden Literaturzeitschrift „Lichtungen“ wird eines der beiden Stipendien an eine Lyrikerin oder einen Lyriker im Umkreis der Literaturzeitschrift Lichtungen vergeben. Das Preisgeld für die beiden Stipendien beträgt je 5.000 Euro. Die Vergabe erfolgt in einem zweijährigen Rhythmus. 2020 erhielt der Schriftsteller Christoph Dolgan das Literaturstipendium, die Autorin Sonja Harter das Lichtungen-Lyrik-Stipendium.

 

 Presseaussendung Amt der Steirischen Landesregierung