Am 20. November wurde der Autor Miljenko Jergovic in Krems an der Donau mit dem Ehrenpreis des Österreichischen Buchhandels für Toleranz in Denken und Handeln geehrt. Die Verleihung erfolgte als abschließender Höhepunkt der Europäischen Literaturtage 2022 in Krems/Stein. Benedikt Föger, der Präsident des Hauptverbandes des Österreichischen Buchhandels, überreichte die höchste Auszeichnung, die der österreichische Buchhandel zu vergeben hat.
Der Ehrenpreis wird seit 1990 an Personen vergeben, die sich in ihrem Werk und durch ihr Engagement für Toleranz gegenüber den anderssprachigen und kulturell anders geprägten Nachbarn in herausragender Art und Weise eingesetzt haben und somit einen Beitrag zu einem friedlichen Miteinander in Europa geleistet haben. Er ist mit 10.000 Euro dotiert und wird vom Hauptverband des Österreichischen Buchhandels ausgerichtet. Miljenko Jergovic erhielt die ehrenvolle Auszeichnung für sein Engagement für eine offene, tolerante Gesellschaft und seinen konsequenten Einsatz für die Menschenrechte und den Frieden. Zuletzt wurde 2021 Navid Kermani mit dem Ehrenpreis ausgezeichnet.

„Frieden und Toleranz sind die gesellschaftlichen Eckpfeiler auf denen jeder intellektuelle Diskurs, auf denen jede Schaffung und Auseinandersetzung mit Kunst fußt. Es ist das erste Anliegen jeder Verlegerin und jedes Verlegers aufzuklären, zu informieren, zu vermitteln, auch und gerade um die Fundamente unserer Arbeit und Rezeption, den Frieden und die Toleranz zu stärken. Die Toleranz einer Gesellschaft zeigt sich in ihrer Kultur. Kultur ist kein Luxus, sondern sie begründet die Identität einer Gesellschaft, begründet deren Selbstverständnis und bildet die Grundlage für den Umgang mit anderen Gesellschaften.“, so Benedikt Föger bei der Übergabe des Preises an Jergovic.

Laudator Michael Martens (Journalist, Südosteuropa Korrespondent der FAZ) über das Werk des Autors: „In den Texten von Miljenko Jergovic geht es immer wieder um Identitäten, und diese Identitäten wandeln und überlappen sich, setzen sich aus kaum überschaubar vielen Einzelheiten zusammen, sind nicht statisch und können ortsabhängig sein. (…) Diese Vielschichtigkeit fängt Miljenko Jergovic in seiner mäandernden Prosa immer wieder brillant ein. Dabei interessiert ihn niemals nur, wie seine Charaktere sind, sondern immer auch, wie sie wurden, was sie sind. (…) Jergovics Fähigkeit, den Zauber des Alltags in lakonischen Miniaturen zu fassen, macht den zeit- und ortlosen Reiz seiner Prosa aus. Seine Sprache fließt.“

Miljenko Jergovic äußerte sich zum Erhalt der Auszeichnung: „Heute steht der Begriff der Toleranz sehr stark mit der Literatur in Verbindung. Die Toleranz ist schließlich ein Akt der Imagination. Unsere Fähigkeit zur Toleranz wird beschränkt durch unsere Fähigkeit zur Imagination, durch unsere Fähigkeit uns vorzustellen, wie es dem Gegenüber geht. Ich habe diese Auszeichnung als Preis für Toleranz erhalten, sehe ihn aber als einen Preis für Imagination und ich hoffe, dass ich mir diesen Preis für Toleranz und Imagination auch in Zukunft noch weiter verdienen werde.“

Katja Gasser (Journalistin und Literaturkritikerin) moderierte das Gespräch.

Über Miljenko Jergovic

Miljenko Jergovic, geboren 1966 in Sarajevo, lebt seit 1993 in Zagreb. Er arbeitet als Schriftsteller und politischer Kolumnist und ist einer der großen europäischen Gegenwartsautoren. Studium der Philosophie und Soziologie, Mitbegründer der ›Group 99‹. Er arbeitet für die Wochenzeitung »Nedeljna Dalmacija«, für die er auch aus dem belagerten Sarajevo berichtete. 1990 erhielt er den Veselko-Tenzera-Preis als bester politischer Kolumnist auf dem Gebiet Ex-Jugoslawiens, 1995 wurde er mit dem Erich-Maria-Remarque-Friedenspreis – Sonderpreis (Osnabrück) ausgezeichnet. Seine Bücher sind in zahlreiche Sprachen übersetzt und vielfach ausgezeichnet worden, zuletzt (gemeinsam mit seiner deutschen Übersetzerin Brigitte Döbert) mit dem Georg-Dehio-Buchpreis 2018. Zuletzt auf Deutsch erschienen: Der rote Jaguar (Schöffling).

 

Presseaussendung Hauptverband des Österreichischen Buchhandels