Der Schriftsteller Christoph W. Bauer erhält den von der österreichischen Industrie gestifteten „Literaturpreis der Österreichischen Industrie – Anton Wildgans“ 2023. Der mit 15.000 Euro dotierte Preis wurde am 13. September 2023 durch den Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV), Mag. Christoph Neumayer, im Wiener Haus der Industrie überreicht.

Der Preis solle „nicht nur eine Anerkennung für außergewöhnliches schriftstellerisches Talent sein, sondern auch ein Moment, um die Kraft der Worte zu zelebrieren, die Geschichten, Gedichte und Ideen, die uns inspirieren und bewegen”, so Neumayer.

Die Jury begründet die Auswahl für die diesjährige Auszeichnung wie folgt: „Christoph W. Bauer ist in nahezu allen literarischen Genres zuhause. In seinen Prosa-Arbeiten, die vielfach im Grenzbereich zwischen Historiographie und Fiktion angesiedelt sind, dominieren Geschichten, die er im Alphabet ramponierter oder auch längst verschwundener Häuser ermittelt, sei es in Saint-Denis, sei es in Innsbruck-St. Nikolaus. Und in seinen Gedichten setzt Christoph W. Bauer mit seiner ganz eigenen Stimme souverän alle nur denkbaren lyrischen Formen ein, um in einer schier endlosen Kette von intertextuellen Bezügen, die von Homer und Catull über Dante und Villon und Borges bis zum Punk-Rock reichen, immer von neuem auf ein Spiel mit Möglichkeiten zuzusteuern, das ganz wenig übrig hat für scheinbar unverrückbare Gegebenheiten.“ Prof. Marianne Gruber, die heuer zum letzten Mal der Jury beigewohnt hat, beschreibt den Autor: „Er ist ein Reisender durch Städte, Zeiten, Bücher, durch Geschichte wie Geschichten und Seelen, mit großem Gepäck an Wörtern unterwegs, die dennoch nie genügen und die er zu neuen, sprechenderen formt; ein Sammler von Bildern, Ereignissen und Eindrücken, um all das mittels der Sprache in Erinnerung zu halten. Vergessen gilt nicht.”

Der Preisträger unterstreicht in seiner Dankesrede vor allem die Bedeutsamkeit des Lesens. Dieses hätte ihn alles, was er über Literatur zu sagen wisse, gelehrt. Neben dem Schreiben bemüht sich Bauer seit mehr als 20 Jahren, das Lesen in Schulen zu fördern. Er merke „erschreckend oft, wie sehr es dieser Förderung bedarf”. Darauf, dass rund eine Million Erwachsene in Österreich nicht ausreichend lesen, schreiben und rechnen könnten, reagiert der Schriftsteller empört:

„Wie kann das sein? Wieso misst man dem Lesen im Unterricht so wenig Wert bei? Wenn ich mit Schülerinnen und Schülern arbeite, versuche ich, sie auf dem spielerischen Weg zum Lesen und Schreiben zu verführen, und merke ich, wie viele von ihnen, gerade die Schreib- und Leseschwächsten geradezu nach Anerkennung gieren, sie erhalten sie, so wie ich sie heute erhalte, indem ich den Anton Wildgans Preis empfangen darf.”

Geboren 1968 in Kolbnitz in Kärnten, lebt Bauer heute in Innsbruck. Eine Auswahl seiner Werke: Im Jahr 1999 erschienen seine ersten Gedichte unter dem Titel „wege verzweigt“ bei Haymon. Es folgten u. a. die Gedichtbände „die mobilität des wassers müßte man mieten können“ (2001), „stromern“ (2015) und „an den hunden erkennst du die zeiten“ (2022). Zu seinen bekanntesten Prosa-Werken zählen „Aufstummen“, ein Roman, erschienen 2004, „Der Buchdrucker der Medici“ (2009) sowie der Roman „Niemandskinder“ (2019). Seinem Verlag ist er seit dem ersten Buch treu geblieben. Seine Wahlheimat findet immer wieder Niederschlag in seinen Texten.

Auf Einladung des Literaturhauses am Inn gestaltete Bauer mehrere Porträts von Schriftstellerinnen und Schriftstellern des 20. Jahrhunderts (Hilde Domin, Nelly Sachs, Rose Ausländer, Soma Morgenstern, Bruno Schulz). Seit 2012 hält er immer wieder auch Vorlesungen an österreichischen Universitäten. Seine bisherigen Auszeichnungen: Bereits 2001 bekam Bauer den Literaturpreis der Akademie Graz für Lyrik den Reinhard-Priessnitz-Preis sowie den Kunstpreis der Stadt Innsbruck. 2002 wurde ihm der Publikumspreis beim Ingeborg-Bachmann-Bewerb zuteil. 2015 erhielt Bauer zwei Auszeichnungen, den Outstanding Artist Award für Literatur sowie den Tiroler Landespreis für Kunst. 2021 kam der Preis für künstlerisches Schaffen der Stadt Innsbruck dazu.

Zum „Literaturpreis der Österreichischen Industrie – Anton Wildgans“

Die unabhängige Jury des „Literaturpreises der Österreichischen Industrie – Anton Wildgans“ setzt sich aus Prof. Marianne Gruber (Ehrenpräsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Literatur), Univ.-Prof. Dr. Johann Holzner (vorm. Leiter des Brenner-Archivs an der Universität Innsbruck) und Barbara Neuwirth (Schriftstellerin) zusammen. Der Preis wird auf Vorschlag der unabhängigen Jury einer Schriftstellerin oder einem Schriftsteller der jüngeren oder mittleren Generation mit österreichischer Staatsbürgerschaft verliehen, „deren oder dessen Werk von hervorragender Relevanz für die literarische und gesellschaftliche Konstellation unserer Zeit ist“. Er gehört zu den renommiertesten österreichischen Literaturpreisen. Unter den Preisträgerinnen und Preisträgern befinden sich Autorinnen und Autoren der Zweiten Republik wie Ingeborg Bachmann, Christoph Ransmayr, Arno Geiger, Kathrin Röggla, Olga Flor, Erich Hackl, Norbert Gstrein, Sabine Scholl, Daniel Kehlmann, Reinhard Kaiser-Mühlecker, Andrea Grill und Gertraud Klemm.

 

Presseaussendung Industriellenvereinigung