Der diesjährige Ernst-Jandl-Preis für Lyrik geht an den deutschen Autor Ulf Stolterfoht, die Verleihung des Preises findet im Rahmen der Ernst-Jandl-Tage vom 6. bis 8. Juni in Neuberg an der Mürz in der Steiermark statt.

Die Ernst-Jandl-Tage

Die Preisverleihung findet im Rahmen einer dreitägigen Veranstaltung zur Gegenwartslyrik in Neuberg an der Mürz (Steiermark) statt.

  • 6. Juni – Am Freitagnachmittag leiten Frieda Paris und Sophie Liepold eine Gedichtwerkstatt zu Texten von Friederike Mayröcker und Ernst Jandl im ARTISTsMUSEUM in Neuberg/Mürz. Es folgt das Konzert ich sein ein groß kunstler im kunsthaus muerz, Mürzzuschlag, mit Georg Breinschmid (Kontrabass), Agnes Heginger (Vocals) und Benjamin Schmid (Violine). Aufgeführt werden Vertonungen von Gedichten Ernst Jandls aus der Feder von Georg Breinschmid und Agnes Heginger.
    Zum Abschluss des ersten Tages gibt es ein Open Mic-Event im ARTISTsMUSEUM in Neuberg/Mürz mit Studierenden der Germanistik der Universität Wien und der Sprachkunst der Universität für angewandte Kunst Wien sowie einigen der anwesenden Autorinnen und Autoren.
  •  7. Juni – Der Samstag, gehört den Dichter:innen: Es lesen Franz Josef Czernin, Sirka Elspaß, Franziska Füchsl, Cornelia Hülmbauer, Frieda Paris, Kerstin Preiwuß, Georg Leß, Daniela Seel, Christian Steinbacher und Robert Stripling.
    Am Abend wird der Ernst-Jandl-Preis für Lyrik an Ulf Stolterfoht überreicht. Die Laudatio hält Ferdinand Schmatz.
  • 8. Juni – Am Sonntagvormittag führen Monika Rinck und Thomas Eder ein Gespräch mit dem Preisträger Ulf Stolterfoht.

Der Eintritt zu allen Veranstaltungen ist frei.

Die Jurybegründung

„Ulf Stolterfoht erhält den Ernst-Jandl-Preis 2025, weil sein Werk vor allem eines zeigt: dass Lyrik nicht weltfremd ist, sondern direkt aus der Welt selbst kommt. Sie kommt aus einer Wirklichkeit, in der die Menschen leben, und die sie sich aus Sprache zusammenbauen. In seinem mehrbändigen Opus Magnum „Fachsprachen“ ist Stolterfoht tief in den Prozess der Welterschaffung durch Wörter und Wendungen vorgedrungen. Es ist ein Unternehmen voll abgründigem Witz, weil in ihm der hohe Ton der Dichter plötzlich hohl klingen kann und der Spezialwortschatz des Handwerks lyrisch. Stolterfoht montiert das beständige Murmeln der Menschheit und beim Wort genommene sprachphilosophische Reflexionen von Wittgenstein bis Chomsky neu, unterläuft beides ironisch, katalogisiert und rhythmisiert es. Pathos ist diesem Autor fremd. Er zahlt es den Falschmünzern der Literatur ordentlich heim und macht dabei vor der eigenen Dichterbiografie nicht halt. „Holzrauch über Heslach“ ist ein autoethnographisches Gedicht, das von der Stuttgarter Boheme handelt, in der einst der Wunsch, Dichter zu werden, erwachte. Weil jeder Traum Gefahr läuft, seine Verwirklichung sektiererisch zu verfehlen, hat Stolterfoht den Band „neu-jerusalem“ nachgeschoben. Es geht darin um die Fanatiker unter den Wortgläubigen. Ganz und gar neu hat Ulf Stolterfoht sein Dichten mit dem Zyklus „Die Krähe“ erfunden, einer Tricksterfigur, bei der man nicht weiß, ob sie Vogel, Mensch oder Gott ist. Wenn Stolterfoht sagt, dass ihm „die erfassung der welt in ihrer gliederung zum triebziel geworden ist“, dann ist dieser Prozess auf schönste Weise unabschließbar und offen. Staunend ist der Leser Teil dieses Abenteuers, vom Wortdonner berührt und vom „bewandtnisblitz“ getroffen.“

Ulf Stolterfoht

Geboren 1963 in Stuttgart. Studium der Germanistik und Allgemeinen Sprachwissenschaft in Bochum und Tübingen; lebt seit 1994 als Schriftsteller und Übersetzer in Berlin. Lyrische Lehrtätigkeit an den Instituten in Leipzig, Wien, Biel und Kopenhagen. Poetikdozenturen an den Universitäten Hildesheim (2009), Utrecht (2013) und Heidelberg (2019). Ulf Stolterfoht ist Knappe der Lyrikknappschaft Schöneberg, Mitglied der Berliner und der Darmstädter Akademie, des Leyton Orient Fans’ Trust und der Neigungsgruppe Wolgamot. Von 2015 bis 2022 betrieb er den Verlag BRUETERICH PRESS.

Ernst-Jandl-Preis für Lyrik

Der Ernst-Jandl-Preis für Lyrik wurde 2001 zum Gedenken an den am 9. Juni 2000 verstorbenen Autor und Dichter Ernst Jandl gestiftet. Der Preis wird im Zwei-Jahres-Rhythmus für hervorragende Leistungen auf dem Gebiet der Lyrik an deutschsprachige Dichter:innen wird vom Bundesministerium für Wohnen, Kunst, Kultur, Medien und Sport vergeben und ist mit 15.000 Euro dotiert.

Die Auswahl traf eine fünfköpfige Jury, der Paul Jandl, Thomas Poiss, Ferdinand Schmatz, Monika Rinck und Hanna Engelmeier angehörten.

Dem ersten Preisträger im Jahr 2001, Thomas Kling, folgten 2003 Felix Philipp Ingold, 2005 Michael Donhauser, 2007 Paul Wühr, 2009 Ferdinand Schmatz, 2011 Peter Waterhouse, 2013 Elke Erb, 2015 Franz Josef Czernin, 2017 Monika Rinck, 2019 Oswald Egger, 2021 Brigitta Falkner und 2023 Anja Utler.

 

 

Presseaussendung Hauptverband des Österreichischen Buchhandels / Red.