Die Schriftstellerin Iris Wolff wurde am 1. Juni im Weimarer Musikgymnasium mit dem Literaturpreis der Konrad-Adenauer-Stiftung ausgezeichnet. Nahezu 400 Gäste aus Politik, Kultur und Wissenschaft erlebten die Preisträgerin und den Laudator Denis Scheck mit fulminanten Reden, musikalisch umrahmt von Schüler:innen des Musikgymnasiums Schloss Belvedere.
„Iris Wolffs Romane sind Lichtblicke in die Zeitgeschichte und ein wegweisender Beitrag zur europäischen Erinnerungskultur“, sagte der Vorsitzende der Konrad-Adenauer-Stiftung, Prof. Dr. Norbert Lammert, ehemaliger Präsident des Deutschen Bundestages, der die E
„Die 1977 in Hermannstadt geborene, im Banat und in Siebenbürgen aufgewachsene, seit 1985 in Deutschland lebende Iris Wolff ist eine Autorin, die mit poetischer Eleganz und szenischer Dichte Lebensformen der Freiheit zur Sprache bringt. Angesichts der Schrecken der Ideologien des 20. Jahrhunderts halten ihre Romane Zeichen von Menschenfreundlichkeit und Werteverbundenheit fest. Sie schildern geschundene Biografien unter dem Eindruck europäischer Geschichte, insbesondere aus der Erinnerungslandschaft des Banat und anderer Regionen Rumäniens vor und nach dem Regime Ceau?escus. Erzählt wird das am Beispiel von Figuren, die fliehen oder auch bleiben, die eine neue Heimat jenseits Rumäniens suchen – und ihre alte Heimat vermissen. Dass es durchweg um Fragen der Zugehörigkeit, um die Vielfalt von Sprachen und Religionen in Europa geht, macht die Romane von Iris Wolff hochaktuell.“ – aus der Jury-Begründung
Iris Wolffs Romane mit Titeln wie „Halber Stein“, „Leuchtende Schatten“, „Die Unschärfe der Welt“ oder „Lichtungen“ seien Zeitmaschinen der besonderen Art, führte der Literaturkritiker Denis Scheck in seiner Laudatio aus. Die Autorin erzähle ebenso elegant wie nuanciert vom erlöschenden Leben der Deutschen im Banat und in Siebenbürgen. Sie betreibe eine „Inventur gegen das Vergessen“ und lese „Zugehörigkeit“ als „eine Entscheidung“. Auf diese Weise lichte sie unsere Zeit von „Akzelerationen und unbarmherzigen Verdichtungen“: „Die Uhren in ihren Büchern scheinen anders zu gehen, ihre Zifferblätter anders skaliert zu sein, die Menschen anders zu ticken, angetrieben von anderen Unruhen.“
In ihrer Dankesrede bekannte sich die Preisträgerin Iris Wolff zur Freiheit. Diese komme aus der poetischen Imagination, der Kraft, die Dinge zu befragen, ihnen eine Geschichte zu geben, der Welt etwas hinzuzufügen statt sie zu etikettieren. Sie berief sich dabei auf Jean Pauls und Wis?awa Szymborskas Plädoyers für ein Schreiben aus der Provinz. Und auf Konrad Adenauers Kunst, „das Innere eigentlich niemals vom Getriebe des Tages ersticken“ zu lassen. Das Wissen darum, sagte Iris Wolff, „dass es neben Mehrheiten und Gewissheiten noch eine geistige Seite gibt, eine Seite, in der die Dinge deutungsoffen, geheimnisvoll bleiben“, sei „ein Schutzschild gegen Tyrannei und Machtmissbrauch.“ Es sei die Literatur, die es uns dadurch erlaube, „über das Jetzt und Hier hinauszudenken, die Wirklichkeit, die wir im Alltag erleben, zu hinterfragen. Sie ist wesentlich, um über Vergangenheitsorientierung und Gegenwartsbemühung hinauszukommen.“
Jury
Der Jury gehören an: Prof. Dr. Friedhelm Marx (Universität Bamberg) als Vorsitzender, Kulturstaatsministerin a.D. Prof. Monika Grütters MdB, Dr. Marit Heuß (Universität Leipzig), Sandra Kegel (Leiterin des Feuilletons der F.A.Z.), Dr. Wolfgang Matz (München) sowie Prof. Dr. Birgit Lermen (Universität zu Köln) als Ehrenmitglied.
Literaturpreis der Konrad-Adenauer-Stiftung
Der Literaturpreis der Konrad-Adenauer-Stiftung würdigt seit 1993 deutschsprachige Autorinnen und Autoren, deren Werke sowohl von politisch-gesellschaftlicher Bedeutsamkeit als auch von ästhetisch-literarischer Qualität zeugen und gemäß den Vergabekriterien Orientierungsinstanzen in Zeiten des Wertewandels sind, und ist mit 20.000 Euro dotiert. Der Preis wird wird seit 1993 an Autor:innen verliehen, die der Freiheit das Wort geben.
Zu den bisherigen Preisträger:innen gehören unter anderem Sarah Kirsch, Hilde Domin, Günter de Bruyn, Thomas Hürlimann, Hartmut Lange, Burkhard Spinnen, Louis Begley, Patrick Roth, Herta Müller, Wulf Kirsten, Daniel Kehlmann, Ralf Rothmann, Uwe Tellkamp, Cees Nooteboom, Arno Geiger, Tuvia Rübner, Martin Mosebach, Rüdiger Safranski, Marica Bodroži?, Michael Kleeberg, Michael Köhlmeier, Mathias Énard, Hans Pleschinski, Lutz Seiler, Barbara Honigmann, Ulrike Draesner.
Presseaussendung Hauptverband des Österreichischen Buchhandels / Red.